Projekt
Einleitung
Stürze sind eine der Hauptursachen von Unfällen älterer Menschen. Somit stellen sie eine Bedrohung für die Gesundheit und Lebensqualität dar. Im Alter von 65 Jahren fällt eine von drei Personen mindestens einmal im Jahr. Stürze haben besonders verheerende Auswirkungen, je länger die gestürzte Person am Boden liegt. Es gilt deshalb diese Zeit der Hilflosigkeit möglichst gering zu halten. Moderne Technik kann die Sicherheit und Unabhängigkeit im täglichen Leben eines älteren Menschen verbessern. Aus diesem Grund entwickelte die Berner Fachhochschule einen Sturzsensor, der durch Detektieren und Analysieren von Bewegungsdaten einen Sturz erkennt. Im Falle eines Sturzes werden via Smartphone oder Basisstation Vertrauenspersonen kontaktiert. Dadurch erhält die gestürzte Person schnellstmögliche Hilfe. Bei der Entwicklung des Sensors wurden die Anliegen der älteren Menschen berücksichtigt. Diese Zusammenarbeit ermöglichte es, den Komfort des Sensors zu optimieren und eine hohe Zufriedenheit bei den Nutzerinnen und Nutzern zu erreichen.
Die Abbildung auf der rechten Seite zeigt die Funktionsweise auf. Der Sensor ist mit einem Pflaster am Oberkörper befestigt und analysiert die Bewegungen der Benutzerin oder des Benutzers. Im Falle eines Sturzes alarmiert der Sensor die vordefinierten Vertrauenspersonen.
Der Sensor
Der Sensor ist das Herzstück des gesamten Systems. Mit einem Pflaster ist er am Körper des Nutzers befestigt und misst die Beschleunigungen des Körpers. Wird ein Sturz erkannt, sendet der Sensor einen Alarm an das Smartphone oder die Basisstation. Die Grösse des Sensors beträgt 25 x 30 x 8 mm bei einem Gewicht von 7,2 g. Die Elektronik ist mit einer hautverträglichen Silikonbeschichtung überzogen, um diese vor äusseren Einflüssen zu schützen. Da die Elektronik vollständig eingegossen ist, ist der Sensor wasserdicht und kann dadurch auch unter der Dusche und in der Badewanne getragen werden.
Der Sensor wurde als Low-Power Gerät entwickelt. Dies ermöglicht eine Batterielaufzeit von über zehn Tagen. Dank ultrakleiner Komponenten wurde die Grösse des Sensors minimiert. Grundsätzlich besteht der Sensor aus den folgenden vier Subsystemen:
Beschleunigungssensor: Misst die Bewegungen
Microcontroller: Gehirn des Sensors
Funk: Kommuniziert mit den anderen Geräten
Stromversorgung: Versorgt alle Komponenten
Wasserfest | Der Sensor erkennt Stürze auch beim Duschen und Baden |
Hautverträglich | Die Haut wird durch den Sensor nicht irritiert. |
Klein | Der Sensor wird beim Tragen kaum wahrgenommen. |
Leicht | Das Gewicht des Sensors beträgt nur 7.2g. |
Diskret | Der Sensor ist für andere Personen nicht sichtbar. |
Lange Laufzeit | Die Batterielaufzeit beträgt über 10 Tage. |
Kontaktlos laden | Das Aufladen des Akkus ist sehr einfach. |
Design | Wünsche von Seniorinnen und Senioren wurden einbezogen. |
Home Station
Die Home-Station ist speziell für den häuslichen Gebrauch konstruiert. Dank der verwendeten Funktechnologie gewährleistet eine einzige Home-Station den Empfang in Haus und Garten. Durch die eingebaute Ladeschale kann der Sturzsensor kontaktlos geladen werden. Bei der Entwicklung der Home-Station wurde der Fokus auf die Benutzerfreundlichkeit gelegt. Beispielsweise ist die Home-Station nur mit zwei Tasten und fünf Leuchtioden ausgestattet. Auf ein Display oder Touchscreen wurde absichtlich verzichtet, um die Bedienung auch Personen mit feinmotorischen Einschränkungen zu ermöglichen.
Benutzerfreundlich | Bedienbar auch von Personen mit feinmotorischen Einschränkungen |
Ladeschale | Mit der Home-Station kann der Sensor kontaktlos geladen werden |
Manueller Alarm | Alarme können manuell ausgelöst und storniert werden |
Design | Wünsche von Seniorinnen und Senioren wurden einbezogen. |
Reichweite | Empfang in Haus und Garten |
Android App
Über die Android App können Sensorinformationen wie der Batteriestand abgerufen und Einstellungen vorgenommen werden. Nach der Installation der App werden die Vertrauenspersonen registriert und die Sensoren mit dem Smartphone gekoppelt. Wurden die Einstellungen einmal vorgenommen, kann die App geschlossen werden. Der Alarmierungsdienst arbeitet im Hintergrund und funktioniert auch dann, wenn die App nicht aktiv ist.
Um die Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten, wurde das Design der App in Zusammenarbeit mit älteren Menschen entwickelt.
Benutzerfreundlich | Das Design wurde für ältere Menschen entwickelt |
Kontakte | Unbegrenzte Anzahl an Vertrauenskontakten |
Keine Daten | Für die Alarmierung ist kein Internetzugang erforderlich |
Mehrsprachig | Die App unterstützt die Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch |
Design | App ist in verschieden Farben verfügbar |
Geschichte
Das Projekt AIDE-MOI wurde im Jahr 2013 von der Berner Fachhochschule gestartet. Seit Beginn soll der Nutzer und nicht die Technik im Fokus stehen. Dies eröffnet Fragen wie: Warum werden die existierenden Technologien nicht oder ungenügend eingesetzt? Was wollen die Senioren und Seniorinnen wirklich? Welche Faktoren beeinflussen die Akzeptanz der Technik im Alter? Um diese Fragestellung zu beantworten, wurden von der Abteilung WGS der BFH Studien durchgeführt.
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2013 Projektstart
Initiierung des Projekts an der BFH durch die Professoren Martin Kucera, Sabine Hahn und Rolf Vetter.
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2013 SmartSensor to MobileDevice:
Am damaligen Institut für Mobilkommunikation der BFH wurde ein Sensor entwickelt, der Beschleunigungsdaten aufzeichnen kann. Dieser Sensor wurde für erste Versuche verwendet.
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2014 Android App Algorithmus
Im Rahmen einer Bachelor-Abschlussarbeit an der BFH wurde eine erste Version einer Smartphone Applikation für die Sturzerkennung entwickelt. Parallel dazu wurden bei mehreren Probanden die Beschleunigungsdaten von typischen Stürzen messtechnisch erfasst. Die Teilnehmer übten hierbei ein möglichst natürliches Stürzen und deren Beschleunigungsdaten wurden erfasst und abgespeichert.
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2014 Prototyp 1
Um den Sturzsensor und insbesondere auch die drahtlose Funk- verbindung zu entwickeln, wurde ein Prototyp erstellt, der mit einem Development Board und einem externen Board funktionierte. Die Grösse und die Form waren für diese Version nicht wichtig, da sie als Mess- und Prüfplattform diente.
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2014 Prototyp 2
Der erste Prototyp hat gezeigt, dass das System funktioniert. Nun wurde auch der Mikrokontroller (die Recheneinheit) auf einer eigenen Platine platziert. Zusätzlich wurden mehrere Varianten für die Funk-Antenne ausprobiert, um eine möglichst grosse Reichweite zu erzielen.
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2014 QI Test-Aufbauten
Der QI Standard spezifiziert das drahtlose Aufladen von Batterien. Insbesondere für Handys erfreut sich der Standard einer wachsenden Beliebtheit. Die QI-Technologie erlaubt es, den Akku eines Gerätes aufzuladen ohne eine Kabelverbindung herzustellen. Dadurch ist die Handhabung zum Aufladen des Akkus auch für Personen mit reduzierten motorischen Fähigkeiten sehr einfach.
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2015 Device 1
Alle Funktionen und Anforderungen wurden umgesetzt und in den Sensor integriert. Die Form und die Grösse des Sensors eignen sich, um am Körper getragen zu werden. In hautfreundlichem Silikon eingegossen ist der Sensor wasserdicht und optimal vor Stössen und Erschütterungen geschützt. Die Senioren und Seniorinnen testeten das Device 1 in ihrer häuslichen Umgebung und gaben anschliessend ein Feedback. Dadurch wurden die Bedürfnisse und Anforderungen der Nutzergruppe verfeinert und verbessert.
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2016 Device 2
Ein kleinerer und leistungsfähigerer Sturzsensor wurde entwickelt, bei dessen Entwicklung die Rückmeldungen der Anwendungsphase ein-bezogen wurden. Dank dem Know-How des Entwicklungsteams konnte die Grösse auf fast die Hälfte reduziert und der Energieverbrauch drastisch gesenkt werden. Jetzt muss der Sensor nur noch etwa alle zehn Tage auf die Ladeschale gelegt werden.
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2016 Neue Ladeschale
Der kleinere Sensor kann jetzt auf eine neue und leicht zu handhabende Ladeschale gelegt werden. Der Sturzsensor wird einfach in die Mulde der Ladeschale gelegt, automatisch erkannt und aufgeladen.
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2016 Android App
Die bestehende Android App wurde überarbeitet und auf neuere Smartphones angepasst. Weitere Designs wurden hinzugefügt und sind neu auch mehr-sprachig in Deutsch, Französisch und Englisch verfügbar.
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2017 Home-Station
Die Homestation wurde mit Hilfe der finanziellen Unterstützung der INVENTUS BERN-Stiftung entwickelt. Die Hauptaufgabe der Homestation ist das Weiterleiten von Alarmen. Die Homestation hat eine eingebaute Ladeschale, mit welcher der Sen-sor innerhalb von 1.5 Stunden geladen werden kann.
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2018 Gründung Oxomed AG
Die Aktivitäten rund um das Projekt AIDE-MOI wurden in die Firma Oxomed AG eingebracht (Startup-Gründung). Die Oxomed AG beabsichtigt, das Gesundheitswesen mit modernen Kommunikationsgeräten zu revolutionieren und entwickelt hierzu Geräte, welche auf aktuellen Internet-Technologien basieren. Informationen zu den Produkten finden Sie unter www.oxocare.ch.